STUBE-Freitag: Tango tanzen
Zu Gast: Stefanie Harjes
Stefanie Harjes lässt Redewendungen hochleben.
Heidi Lexe präsentiert die 70-Jahr-Avisokarte.
Das Publikum brachte sich aktiv ein.
Am 10. März 2017 legte Heidi Lexe die Karten auf den Tisch: Die STUBE feiert ihr >>>70-jähriges Bestehen. Und darum steht das >>>Frühjahr ganz im Zeichen des Jubiläums. Einen fulminanten Auftakt in das STUBE-Freitag-Jubiläumsprogramm legte Stefanie Harjes hin, die unter dem Titel "Tango tanzen" den Besucher*innen einen umfassenden Einblick in ihr Schaffen gab.
Ab 16 Uhr "fühlten sich plötzlich alle pudelwohl", mancheiner war "stur wie ein Esel", konnte aber dennoch "über seinen Schatten springen", bevor "Probleme unter den Teppich gekehrt wurden". "Ins Fettnäpfchen" ist kaum jemand getreten und da vieles "durch die Blume" gesagt wurde, hatten am Ende fast alle "eine weiße Weste". Diese und viele andere illustrierte Redewendungen aus Stefanie Harjes Bilderbuch "Als die Esel Tango tanzten" wurden von einem wirklich engagierten Publikum interpretiert, stets mit Rückfragen über die Herkunft und Entstehung der vielsagenden Bilder. Stefanie Harjes zeichnete sich dabei als wahre Etymologie-Expertin aus, indem sie viele kulturgeschichtlichen Zusammenhänge herstellen und ausdeuten konnte.
Nach dieser individuellen Buchpräsentation wussten alle im Raum Versammelten, dass Mauerblümchen keine Pflanzen und Fettnäpfchen im Grunde eine praktische Sache sind.
Das sichtlich beglückte Publikum bei der Suche nach Redewendungen.
Heidi Lexe und Mode.
Kathrin Wexberg und florale Aspekte.
Peter Rinnerthaler und die Typographie.
Nachdem schon während der einleitenden Raterunde Fragen zu Technik und Bildgestaltung gefragt wurden, befasste sich das STUBE-Team mit ausgewählten Aspekten der Harjes'schen Illustrationskunst. Quer durch das Oeuvre, angefangen bei "Die Häuser der Selma Khnopff (2004)" über illustrierte Lyrikanthologien, bis hin zu aktuellen Bilderbüchern wie "Der Bus mit den eckigen Rädern" (2015) reflektierte Stefanie Harjes über den Bildaufbau, den Einsatz von Zeichen-/Maltechnniken oder aber auch über die Frage nach der modischen Dimension ihrer Figuren.
Heidi Lexe, ausgewiesene Modeexpertin der STUBE, wollte eingangs von Stefanie Harjes wissen, woher die hohe Affinität zu modischen Aspekten in ihrem Werk rühre, worauf die Illustratorin antwortete, dass es ihr primär sehr wichtig sei, dass die Figuren gut angezogen sind. Mit einer grandios bebilderten Gegenüberstellung zwischen Red-Carpet-Fotos der letzten Oscarverleihung und dazu passenden Figuren aus dem umfangreichen Figurenarsenal der Hamburger Künstlerin, sorgte Heidi Lexe für ein modisches Schaulaufen der Extraklasse. So standen die gut gekleideten Schauspielerinnen Emma Stone, Jessica Biel und Meryl Streep, den chic gezeichneten Figuren Cora Monroe, Meerjungfrau und einem "bunten Hund" gegenüber. Besonders wild wurde es als der animalische Modetrend in High Society und Illustration aufeinandertrafen: Casey Afflecks "auffällige Haarmähne" und der von Stefanie Harjes kunstvoll gestaltete Herkules-Löwenmantel wiesen eine auffällige Ähnlichkeit auf.
Kathrin Wexberg entdeckte die Blütenpracht im Werk der Illustratorin und dadurch spannungsvolle Verhältnisse zwischen der Darstellung von Blumen in Bild und Text, den wiederum Peter Rinnerthaler genauer unter die Lupe nahm und viel Interesse am Einsatz des Stempels zeigte. Auch handgeletterte sowie durchgestrichene Textpassagen oder Zahlenspiele wurden im Gespräch thematisiert und die Frage nach dem Verhältnis zum Comic gestellt.
Aus dem Seminarraum wurde kurzerhand ein Kreativraum, inspiriert durch Stefanie Harjes' Live-Performance.
Die sagenumwobene Reste-Kiste.
Stefanie Harjes aktiviert das Publikum.
Und dann wurde es richtig bunt! Stefanie Harjes packte ihre "Reste-Kiste", Schere sowie Stifte aus und zeigte auf einem Flipchart, wie sie illustriert und collagiert. Das Publikum konnte einerseits Schritt für Schritt beobachten, wie eine (natürlich wieder exzellent bekleidete) Figur auf dem weißen Blatt entsteht und andererseits Stefanie Harjes Überlegungen miteinbeziehen:
Sie erklärte, dass bei ihr kein Stück Papier verloren gehe, Zeichenunterlagen (mit oder ohne Telefonnummern) in die Bücher eingearbeitet werden und dass der Produktionsprozess zeitweise meditative Wirkung auf sie habe.
Angeregt von der Live-Performance griffen die Besucher*innen darauf selbst zu Stift und Kleber und interpretierten eine von Harjes vorbereitete Vorlage neu. Nach nur wenigen Minuten glich der Veranstaltungsort einem Gemeinschaftsatelier und eine sonst kahle Wand wurde in eine eindrucksvolle Kunst-Installation verwandelt - wiederum unter Mit-Einbeziehung des Jubiläums, versteht sich.